“Gene Drives an Kipppunkten” – Vorsorgeorientierte Technikfolgenabschätzung und Regulierung von neuen Ansätzen der gentechnischen Veränderung von Tier- und Pflanzenpopulationen

Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung / DLR Projektträger
Förderkennzeichen 01LC1724.

GeneTip Konferenz Juni 2018 - ButtonErgebnisse des Projekts GeneTip auf Englisch und als Buch im Springer-Verlag erschienen (open access)

Das Forschungsprojekt GeneTip wurde von 2017 bis 2019 gemeinsam von den Universitäten Bremen und Vechta, der Universität für Bodenkultur Wien sowie Testbiotech München durchgeführt. Im Zentrum des Pilotprojekts standen Risiken der Freisetzung und Ausbreitung von Organismen, welche mit sich selbst fortpflanzenden künstlichen genetischen Elementen, wie z. B. ‚Gene Drives‘, ausgestattet sind. Methodisch zentral waren Charakterisierungen der Technologien mit Fokus auf Gefährdungs- und Expositionspotenziale, eine Vulnerabilitätsanalyse möglicher betroffener Systeme sowie diverse populationsdynamische Ausbreitungsmodelle. Vertieft untersucht wurden die Fallbeispiele Raps und Olivenfliege. Aufbauend auf diesen Arbeiten wurden Vorschläge zur Integration des Vorsorgeprinzips in die Risikoabschätzung, das Risikomanagement und die Gentechnikgesetzgebung vorgelegt.

Das Projekt wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert und von der Universität Bremen koordiniert (Förderkennzeichen 01LC1724).

Gene Drives sollen dafür sorgen, dass sich gentechnische Veränderungen möglichst schnell in wildlebenden Populationen ausbreiten. Bei sexueller Reproduktion werden die genetischen Veranlagungen normalerweise mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent auf die nachfolgenden Generationen vererbt. Der Gene-Drive-Mechanismus greift so in die natürliche Vererbung ein, dass alle Nachkommen die veränderten Gene erben. Diskutiert wird der Einsatz von Gene Drives unter anderem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von krankheitsübertragenden Mücken, Ernteschädlingen wie Fruchtfliegen oder auch invasiven Arten wie Mäusen und Ratten. Das Ziel besteht entweder darin, die jeweiligen Arten zu dezimieren oder sie durch gentechnisch veränderte Populationen zu ersetzen.

War man bisher darum bemüht, eine Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen nach Möglichkeit zu verhindern, sind die neuen Gene-Drive-Organismen dafür gemacht in der Umwelt zu überdauern und sich potentiell über unbegrenzt lange Zeiträume in den natürlichen Populationen auszubreiten. Das birgt neuartige Risiken: So erhöht sich durch die extrem gesteigerte räumliche und zeitliche Exposition die Wahrscheinlichkeit von unvorhersehbaren Interaktionen in den unterschiedlichsten Systemen. Zudem ist zu erwarten, dass sich in den nachfolgenden Generationen unerwartete Eigenschaften ausbilden. Angesichts des gerade auch durch diese Technik mit erzeugten enormen Ausmaßes an Nichtwissen über mögliche Folgen (von wissenschaftlicher Unsicherheit, über Nicht-Determiniertheit in komplexen Systemen bis hin zur völligen Ahnungslosigkeit) sind Maßnahmen nach dem Vorsorgeprinzip gefordert.

Die Entwicklung von Gene Drives steht derzeit erst am Anfang. Noch sind keine Produkte auf dem Markt. Es geht mehr um Wissenschafts- und Technikfolgenabschätzung als um Produktzulassung. In dieser frühen Phase empfiehlt sich ein Fokus auf dasjenige, was schon bekannt ist, die Charakterisierung der Technik selbst. Dabei zeigt sich, dass neben Fragen der Ausgereiftheit und Verlässlichkeit der Technik auch den biologischen Eigenschaften der Organismen, insbesondere ihrer Invasivität und Persistenz, ihrer Dynamik in den betroffenen Populationen und den Möglichkeiten eines Gentransfers auf andere Arten besondere Bedeutung zukommt.

Das Projekt GeneTip zeigt auf, dass wissenschaftlich nachvollziehbare Besorgnisgründe bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt der technischen Entwicklung erkannt werden können und entsprechend durch Maßnahmen nach dem Vorsorgeprinzip berücksichtigt werden sollten.


Das Buch „Gene Drives at Tipping Points“ (open access):
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-030-38934-5

Abschlussbericht des GeneTip Berichtes auf Deutsch

 

Projektpartner:

Logo Universität Vechta

Logo der Universität Bremen - Projektpartner im Projekt GeneTip 

Assoziierter Partner BOKU ISR

Assoziierter Partner

Gefördert von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung FKZ: 01LC1724

FKZ: 01LC1724

Testbiotech